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Therapie mit Tierschutzhunden?

Labrador, Golden Retriever oder Australian Shepherd gehören zu den klassischen Rassen, die für tiergestützte Interventionen oft als geeignet gelten. Aber was ist mit Mischlingen, Straßenhunden, Hunden ohne idealtypische Sozialisation? Kira Hildmann ist der Fragestellung nachgegangen und hat ein wissenschaftliches Buch dazu geschrieben. Ich habe sie dazu befragt.

Wie bist Du zu dem Thema gekommen?

Seit einigen Jahren engagiere ich mich ehrenamtlich in einem privaten Tierheim in Rumänien und habe das Leid der Straßenhunde dort mit eigenen Augen gesehen. Es gibt dort so viele großartige Hunde, die ungewollt sind und nur darauf warten, adoptiert zu werden. Während meiner Weiterbildung zur Fachkraft für tiergestützte Interventionen stand für mich also schnell fest, dass ich mich näher mit dem Einsatz von Tierschutzhunden in tiergestützten Interventionen beschäftigen möchte. Für mich war und ist das Thema eine Herzensangelegenheit.


Wie bist Du für das Buch / die Arbeit vorgegangen?

Ich wusste vor meiner Forschung zwar, dass es viele bemerkenswerte Straßenhunde gibt, aber ich hatte mich noch nie explizit mit der Eignung dieser für tiergestützte Interventionen beschäftigt. Mir war es deswegen wichtig, mit Menschen zu sprechen, die bereits einige Erfahrungen in diesem Bereich mit Tierschutzhunden haben. Dabei ging es mir sowohl um Chancen als auch um Herausforderungen, die die tiergestützte Arbeit mit sich bringt. Ich wollte ein realistisches Bild erhalten. Ich denke, dass dies im Buch auch deutlich geworden ist. Bei allen InterviewpartnerInnen gab es Höhen und Tiefen und jedes Mensch-Hund-Team hat eine Weile gebraucht, um sich aneinander zu gewöhnen.


Welche Voraussetzungen muss ein Hund für tiergestützte Interventionen mitbringen?

Die wichtigsten Eigenschaften, die ein Hund für die tiergestützte Arbeit mitbringen sollte, sind ein einwandfreier Gesundheitszustand und die Fähigkeit, sich seinem Menschen gegenüber mitteilen zu können. Die Basis für das Mensch-Hund-Team ist das gegenseitige Vertrauen und dies kann nur entstehen, wenn die Kommunikation zwischen Hund und HalterIn funktioniert. Außerdem ist es natürlich wichtig, dass der Vierbeiner Freude am menschlichen Kontakt hat und kein ausgeprägtes Abwehr- bzw. Aggressionsverhalten zeigt. Auch sollte er in der Lage sein, sich nach den Interventionen schnell wieder entspannen zu können und nicht den ganzen Tag unter Strom stehen. Dies sind meiner Meinung nach die Grundvoraussetzungen. Weitere Fähigkeiten wie z.B. eine hohe Frustrationstoleranz können zwar auch bereichernd sein, sind aber nicht zwingend notwendig. Es darf auch in Ordnung sein, wenn der Hund nicht alles über sich ergehen lassen möchte und sich zurückzieht. Auch Tricks und Kunststücke mögen vielleicht nett aussehen, doch man sollte sich immer vor Augen führen, dass der Hund kein Zirkushund ohne freien Willen ist.

Können Tierschutzhunde das leisten oder lernen?

Die Eignung zum herapiebegleithund lässt sich nicht einer bestimmten Hundegruppe zuschreiben. Jedes Individuum muss dafür separat betrachtet werden. Der Tierschutzaspekt sollte aber für das Tier grundsätzlich kein Ausschlusskriterium sein. Ob Straßenhund oder gezüchteter Rassehund spielt dabei eher eine untergeordnete Rolle. Viel mehr sind wir als HundehalterInnen in der Pflicht, immer wieder zu hinterfragen, ob der Vierbeiner diese Art der Arbeit leisten möchte und Freude daran empfindet.


Welche Erkenntnisse hast Du gewonnen?

Es gibt nicht den einen perfekten Therapiebegleithund und eine bestimmte Hunderasse sagt nichts über die Eignung des Tieres aus.


Wie fällt Dein Fazit aus?

Auch wenn es vielleicht nicht immer einfach ist, einen Hund auszubilden, den man nicht seit dem Welpenalter kennt und der möglicherweise schon etwas älter ist, so würde ich mich trotzdem immer wieder für einen Hund aus dem Tierschutz entscheiden. Mir ist wichtig, dass das Tier einen einzigartigen Charakter hat, auch wenn das vielleicht bedeutet, dass es einen Sturkopf hat und nicht immer willenlos alles über sich ergehen lässt. Ich kann nur Jedem, der es noch nicht getan hat, empfehlen, sich auf das Abenteuer Tierschutzhund einzulassen. Ich habe es nie bereut!


Fotos: Pixabay




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